Handelsblatt-Ranking BWL – Kleiner Nachtrag zum Boykottaufruf
Als kleinen Nachtrag zur Diskussion um das Handelsblatt-Ranking BWL (vgl. auch hier: Boykottaufruf) und insbesondere als Ausdruck eines Unbehagens hinsichtlich des sprachlichen Duktus des Handelsblattes einige kommentierte Zitate aus dem parallel zum Ranking erschienenen Online-Artikel vom 10.September 2012 (http://www.handelsblatt.com/politik/oekonomie/bwl-ranking/betriebswirte-bekaempfen-forschungsranking-deutschland-sucht-den-super-prof/7114062.html):
„Mit seinem neuen BWL-Ranking sorgte das Handelsblatt für Wirbel: Über 300 Wissenschaftler wollten die Veröffentlichung der Ergebnisse verhindern. Die Folge: Eine Debatte über Transparenz und Bedeutung von Forschung“
Kommentar:
Hier ist zunächst bedeutsam, dass das Handelsblatt für den Wirbel sorgt – und nicht die Initiatoren des Boykotts.
Desweiteren entsteht der Eindruck, dass die Initiatoren des Boykotts die Veröffentlichung des Rankings verhindern wollten.
Schließlich wird suggeriert, dass das Handelsblatt-Ranking genau die offenbar mangelnde Transparenz überwinden kann als auch der Forschung die notwendige Aufmerksamkeit verschafft.
„Mir ist diese Top-Platzierung ein wenig unangenehm“, sagt der Experte für Operations Research. So unangenehm, dass er zwischenzeitlich erwogen habe, das umstrittene Ranking zu boykottieren. Am Ende habe er sich dagegen entschieden – trotz einiger berechtigter Kritik habe das Ranking viel frischen Wind in die Forschung gebracht. Damit bringt Boysen den Streit auf den Punkt, der derzeit einen Teil der deutschen Betriebswirte auf die Barrikaden treibt.“
Kommentar:
Auffällig ist die Formulierung, diese ‚Top-Platzierung‘ sei ‚ein wenig unangenehm‘. Unklar bleibt, welches die Gründe für eine derartige Empfindung sind. Das Fehlen dieser Gründe ist umso bedauerliches, da diese Empfindung laut Artikel die Auseinandersetzung ‚auf den Punkt‘ zu bringen scheint. Übrig bleibt die Suggestion, dass in der (deutschen?) ’scientific community‘ derartige Ranking-Auszeichnungen nur schwer gelitten werden. Fast etwas, wofür man sich entschuldigen muss … So wird dann der vom Ranking erzeugte ‚frische Wind‘ zu etwas, was hilft, falsche Scham zu überwinden.
„Viele Fachkollegen und Beobachter reagieren darauf mit Kopfschütteln“
Kommentar:
Hier werden gleich zwei anonyme Akteure konstruiert: ‚Viele Fachkollegen‘ und ‚viele Beobachter‘. Beide Gruppen scheinen großzahlig zu sein. Die einen verfügen über internen Sachverstand (mögen aber befangen sein), die anderen ‚beobachten‘ (unbefangen) das Geschehen. Das Urteil ist gleichwohl übereinstimmend und vernichtend bzw. ‚kann man da nur noch mit dem Kopf schütteln‘.
„Die Auswirkungen des Boykotts sind überschaubar. Nur 23 der 339 Verweigerer wären in den Personenranglisten genannt worden, die anderen haben nicht genug relevante Publikationen.“
Kommentar:
Offenbar sind die ‚Verweigerer‘ nicht ‚im Wahren‘ im Sinne Foucaults, denn „im Wahren ist man nur, wenn man den Regeln einer diskursiven ‚Polizei‘ gehorcht, die man in jedem seiner Diskurse reaktivieren muß.“ (Die Ordnung des Diskurses, S.25)